Galileo Galilei, der Mann, dessen Welt sich um die Sonne drehte, ist jemand, dessen Ruhm auf einem Tabubruch beruht. Stolz soll er – selbst angesichts des Foltertodes – noch an seinen Thesen festgehalten haben, wenngleich er dann letztlich doch „abgeschworen“ hat.
Die ganze Geschichte begann mit einem harmlosen Fernrohr. Galilei hatte Berichte über einen niederländischen Brillenmacher namens Lipperhey gehört, dem es gelungen war, ein mit Spiegelobjektiven konstruiertes Fernrohr zu bauen. Der Ehrgeiz des italienischen Mathematikers war geweckt und wenige Monate später – wir schreiben das Jahr 1610 – hatte er ebenfalls ein Fernrohr konstruiert.
So weit, so brillant. Die Aufsehen erregenden astronomischen Beobachtungen, die man durch das Fernrohr machen konnte, vor allem die Veröffentlichung der „Nachricht von neuen Sternen“ machte Galilei schnell berühmt. Erst etwa hundert Jahre zuvor hatten Amerigo Vespucci auf der Erde neue Kontinente entdeckt. Nun eroberte ein Italiener im Weltall neue Planeten. Der 46jährige Gelehrte, der bereits Professuren in Pisa und in Padua inne hatte, wurde als gut bezahlter und noch besser behandelter Hofmathematiker nach Florenz berufen, von diesem Forscher wollte man mehr wissen.
Es gab nur ein Problem: Galilei, dessen Denken von umwerfender Logik, dessen Charakter aber von umwerfender Arroganz gewesen sein muss, machte sich einen Spaß daraus, seine Kollegen mit den inneren Widersprüchen ihrer Lehren zu blamieren. Laut verlachte er ihre irrationalen Argumentationsweisen, spöttisch belächelte er ihre Denkfehler. Kurz: Galilei hatte reichlich Feinde – und zwar vor allem in der Wissenschaft. Das war dem Italiener egal, er strebte nach Höherem: Sein Blick richtete sich in den Himmel. Dort entdeckte er die Phasen der Venus, vier Monde des Jupiter und die Saturnringe, er sah, dass die Milchstraße aus lauter einzelnen Sternen besteht – und er fand heraus, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
Voilà! Da war er, der Tabubruch, der zu weit ging. Die Wissenschaftlerfeinde, die Galilei ja scharenweise hatte, gingen petzen. Denn in der Bibel stand, dass derlei Idee, die ja schon 1507 der Ketzer Kopernikus frevelhafter Weise geäußert hatte, schlichtweg Quatsch sei: „Ein Geschlecht geht und ein Geschlecht kommt, die Erde aber bleibt ewig stehen. Die Sonne geht auf und die Sonne geht unter, und ihrem Ort strebt sie zu und geht dort wieder auf.“
Der arrogante Galileo Galilei mochte ungestraft behaupten dürfen, dass andere Wissenschaftler Idioten seien, aber dass die Bibel lügt, sagte niemand folgenlos. Die Kirchenvertreter waren in einer schwierigen Lage. Schließlich sollte erst knapp 280 Jahre später, nämlich 1893, Papst Leo XIII. in einer entsprechenden Enzyklika offiziell erlauben, dass die Bibel nicht wörtlich zu nehmen sei, sondern frei interpretiert werden könne. Jetzt aber schrieb man das Jahr 1615.
Die aufgepeppte Geschichte des Genies
Galileo, sonst für jeden Spott zu haben, war als gläubiger Katholik keineswegs daran gelegen, die mächtige Kirche zu verhöhnen. In zwei – als „kopernikanische Briefe“ berühmt gewordenen – Schreiben redete er sich damit heraus, dass die Theologie und die Wissenschaft nunmal zwei völlig verschiedene Dinge seien und man das eine unabhängig vom anderen betrachten müsse usw. Die Kirchenvertreter als Verkünder theologischer Wahrheiten fanden das offenbar insofern einsichtig, als sie beschlossen, die freche Behauptung des Forschers nicht weiter zu ahnden oder gar zu beachten, da sie ja lediglich eine „Hypothese“ und durch nichts bewiesen sei – mal abgesehen davon, dass auch in wissenschaftlichen Fragen immer die Theologen das letzte Wort hätten.
Im Klartext: Selbst wenn es einen Beweis gäbe, entscheidet immer noch die Kirche, ob etwas wahr ist oder nicht. Punktum. Die heliozentrische Theorie war damit für die Theologen vom Tisch, nicht aber für Galilei.
Der fühlte sich seiner Sache offenbar sicher genug, um nicht nur seine Forschungen weiterzutreiben, sondern seine – weiterhin heliozentrischen – Thesen in Form eines Dialoges zwischen einem wissenden und einem Unwissenden zu publizieren – mit schönen Grüßen von Platon. Titel: „Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme“ . Dreister- oder dummerweise ließ er den Deppen ausgerechnet die päpstlichen Argumente vertreten, was zwei Jesuiten im Dienste Urbans VIII. gar nicht lustig fanden. Pater Grassi und Pater Schreiner hegten sowieso nicht sonderlich große Sympathien für den mittlerweile 67-jährigen Gelehrten, und so hatten sie auch keine Scheu, das eine oder andere Beweisstück für die ketzerischen Seiten des Angeklagten erst zwingend zu machen. Die Umstände des Prozesses, der gegen Galilei geführt wurde, sind nicht ganz klar; allerdings weiß man, dass es weder Folter gab noch irgendwelche dramatischen Dispute, bei denen Galilei etwa versucht hätte, sich zu verteidigen.
Im Gegenteil: Der Mathematiker erkannte, dass er zu weit gegangen war. Am 22. Juni 1633 schwor er seinem „Irrtum“ ab. Ende des Jahres wurde er zu Hausarrest auf seine Villa in Arceti verurteilt – als „ein der Ketzerei Verdächtiger“, ein Titel, der ihm das ansonsten in solchen Situationen durchaus übliche Ende auf dem Scheiterhaufen ersparte. Er verdankte es seinem schnellen Einlenken, aber noch mehr seinem Ruhm, dass sich die Kirche nicht in letzter Konsequenz zu inquisitorischen Maßnahmen durchringen konnte. Doch aufgrund dieser „Halbherzigkeit“ hätte Galilei beinahe seinen Nachruhm verspielt, denn sein Ende wurde damit wenig rühmenswert. Erblindet verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens im Kreis von Schülern und verfasste mit ihrer Hilfe ein zwar für die Wissenschaft wichtiges, aber für die Legendenbildung wenig taugliches Buch über die Fallgesetze.
Doch zum Glück fanden sich im 20. Jahrhundert Dichter – allen voran Bertold Brecht –, die mit ein wenig „pointierenden Täuschungen“ die Geschichte des Genies aufpeppten: Und so wurde aus dem ersten eher harmlosen Zusammentreffen von Gelehrtem und Theologen 1613 der „erste Prozess“ und aus dem schmalbrüstigen Wiederruf des Wissenschaftlers von 1633 ein weltbekanntes todesmutiges Besserwisser-Zitat: „Und sie bewegt sich doch!“
Die Helden-Geschichte Galileis ist nichts als ein PR-Gag, aber ein sehr gelungener und einer, der in die Geschichte einging – wenngleich erst verspätet. Eine Constructio ex post, wie Akademiker so schön sagen.
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